Hände oder Flügel?
In dem Kapitel über Joseph Smiths Erste Vision zeigen wir, dass die Mormonenführer diese Vision benutzt haben, um zu beweisen, dass Gott der Vater einen Körper hat. George Q. Cannon, der ein Mitglied der Ersten Präsidentschaft war, erklärte: „Joseph sah, dass der Vater eine Gestalt hatte, dass er einen Kopf hatte, dass er Arme hatte, dass er Glieder hatte, dass er Füße hatte, dass er ein Gesicht und eine Zunge hatte, mit der er Seine Gedanken ausdrücken konnte...“ (Journal of Discourses, Bd. 24, Seite 372) Im Handbuch, das von den Mormonenmissionaren benutzt wird, erscheint folgendes:
„Elder: Herr Braun... 1820 sah Joseph Smith... über sich in der Luft zwei Personen in der Gestalt von Menschen stehen... Herr Braun, wer waren diese Personen?
Braun: Gott und Jesus Christus.
Elder: Ich weiß, dass Joseph Smith tatsächlich den Vater und den Sohn sah... er konnte sehen, dass sein eigener Körper nach dem Abbild und der Gestalt Gottes erschaffen war... WAS LERNEN WIR AUS DIESEM ERLEBNIS JOSEPH SMITHS ÜBER GOTT?
Braun: Dass er einen realen Körper hat.
Elder: Ja, genau. DIE KIRCHEN LEHRTEN AUCH, DASS GOTT, DER VATER, UND JESUS CHRISTUS, SEIN SOHN, DIESELBE PERSON WÄREN. ABER WAS SAH JOSEPH SMITH?
Braun: Er sah zwei Personen in der Gestalt von Menschen.“
(A Uniform System For Teaching Investigators, August 1961, Seite 11-12)
Nun da wir Joseph Smiths ersten geschriebenen Bericht haben, wissen wir, dass er nicht behauptete, in seiner ersten Vision Gott den Vater gesehen zu haben und dass dieses Element der Geschichte hinzugefügt wurde, nachdem er seine Meinung in Bezug auf die Gottheit geändert hatte. Sogar Mormonenschreiber müssen zugeben: „Der erste Bericht scheint sich besonders NUR auf EINE PERSON zu beziehen.“ (James B. Allen, Improvement Era, April 1970, S. 6)
Es scheint also, dass die Geschichte von der Ersten Vision nicht mehr benutzt werden kann, um die Vorstellung von einer Vielheit der Götter oder dass Gott, der Vater, einen Körper hat, zu unterstützen. (Eine ausführlichere Behandlung dieses Themas finden Sie im vorhergehenden Kapitel dieses Buches.)
Als die Mormonen das erste Mal darüber diskutierten, ob Gott „Körper, Glieder oder Leidenschaften“ hätte, bezogen sie sich nicht auf Gott, den Vater, sondern eher auf die Frage, ob Christus einen auferstandenen Körper hätte (siehe The Evening and the Morning Star, April 1834, S. 149). Aber um 1842 lehrten sie definitiv, dass der Vater einen Körper hatte. Folgendes erschien im Millenial Star:
„Das Alte und Neue Testament offenbart überall einen Gott mit Körper, Gliedern und Leidenschaften. Nachfolgend einige von vielen Texten, die von Körper und Gliedern sprechen:
Ebenbild – Gen. 1:27
Augen – Sprichwörter 15:3
Mund – Jesaja 55:11
Nase – Jesaja 65:5
Lippen und Zunge – 30:27
Ohren – 2. Könige 19:16
Fußsohlen – Ezechiel 43:7
Arme – Jeremia 21:5
Finger – Exodus 31:18, Psalmen 8:3
Lenden – Exek. 1:27
Herz – Genesis 6:6
Nüstern – Exodus 15:8
Hand, Gesicht und Rücken – Exodus 33:22
Das Vorangehende zeigt überreich, dass der Vater unseres Herrn Jesus Christus Körper und Körperteile hatte, nicht von Jesus Christus zu sprechen...“ (Millennial Star, Bd. 2, S. 184)
Die meisten Hinweise, die Mormonen benutzen, wenn sie zu beweisen versuchen, dass Gott der Vater einen Körper hat, sind dem Alten Testament entnommen – alle vierzehn Schriftstellen, die oben angeführt werden, stammen aus dem Alten Testament. Aber gelegentlich verweisen Mormonen auf Apostelgeschichte 7:55 als Beweis, dass Gott einen Körper hat: „Aber er... sah die Herrlichkeit Gottes und Jesu zur Rechten [rechten Hand] Gottes stehen...“ In der Heiligen Schrift wird „zur Rechten“ Gottes als Position der Begünstigung oder der Macht angesehen. Beim Gericht, wie es in Matthäus 25:33-41 beschrieben wird, werden die Rechtschaffenen zur „Rechten“ gefunden, während sich die Bösen zur „Linken“ befinden. In Jesaja 41:10 lesen wir: „...Ich bin dein Gott... Ich werde dich mit der rechten Hand der Rechtschaffenheit halten.“ Bei einer Gelegenheit sagte Jesus selbst: „...du wirst den Menschensohn zur RECHTEN DER MACHT sitzen und in den Wolken des Himmels kommen sehen.“ (Markus 14:62) Nun würde sicher niemand argumentieren, dass dieser Vers beweist, dass „Macht“ ein Mann ist oder buchstäblich eine rechte Hand hat.
Einige Verse des Alten Testaments, die von Mormonen beim Versuch zu beweisen, dass Gott einen Körper hat, benutzt werden, waren nie gedacht, wörtlich genommen zu werden. Zum Beispiel lautet Exodus 15:8, oben als Beweis angeführt, dass Gott „Nüstern“ hat, wie folgt: „Und mit dem Schnaufen der Nüstern wurden die Wasser gesammelt, die Fluten standen aufrecht wie ein Haufen und die Tiefen wurden im Herzen des Meeres zum Erstarren gebracht.“ Wir meinen, dass es einfach ebenso lächerlich wäre zu behaupten, dass das „Herz des Meeres“ ein buchstäbliches Herz sei, wie zu behaupten, dass das Wort „Nüstern“ tatsächlich beweist, dass Gott eine Nase hat.
Ein weiterer oben angeführter Vers ist Sprichwörter 15:3: „Die Augen des Herrn sind überall und sehen das Böse und das Gute.“ Wenn das Wort „Augen“ wörtlich genommen würde, würde es scheinbar unterstellen, dass Gott viele Augen hat, denn wie könnten nur zwei Augen „überall“ sein? In 2. Chronik 16:9 lesen wird: „Denn die Augen des Herrn rennen in der ganzen Welt hin und her...“ Es wäre unmöglich, das Wort „Augen“ in diesem Fall wörtlich zu interpretieren; wenn wir aber die Tatsache akzeptieren, dass „Gott ein GEIST ist“ (Johannes 4:24) und dass er „HIMMEL UND ERDE“ ausfüllt (Jeremia 23:24), können wir leicht die Bedeutung dieses Verses verstehen – d. h., dass Gott in der Lage ist, über die gesamte Schöpfung zu wachen.
Zu versuchen, einige dieser Wörter buchstäblich zu interpretieren, um zu beweisen, dass Gott einen Körper hat, ist ein großer Fehler, denn sie werden manchmal benutzt, um sogar leblose Gegenstände zu beschreiben (siehe Case, Bd. 3, S. 106).
Wenn sich jemand entschied, Psalm 91:4 nur gemäß der buchstäblichen Bedeutung des Wortes auszulegen, könnte er ein sehr gutes Argument für die Vorstellung liefern, dass Gott ein Vogel ist: „Er wird dich mit seinen FEDERN bedecken, und unter seinen FLÜGELN wirst du Zuflucht finden...“
Obwohl die frühen Mormonenführer Aussagen in Bezug auf Gott, die im Alten Testament erscheinen, sehr wörtlich interpretierten, erkennen einige Führer heute, das dies zu weit ging. Sogar Präsident Joseph Fielding Smith hat zugegeben, dass einige Ausdrücke, die im Alten Testament in Bezug auf Gott verwendet werden, bildlich sind:
„Die Aussage, dass Menschen vor alters 'mit Gott wandelten', akzeptieren wir natürlich als ein Bild der Sprache. Es bedeutet, dass sie sich in vollkommenem Einklang befanden und gleichzeitig ständige Führung und Offenbarung vom Herrn erhielten. Es bedeutet nicht, dass sie das Vorrecht hatten, die Straßen entlang zu spazieren, wie zum Beispiel, als Jesus mit den zwei Jüngern nach seiner Auferstehung wandelte.“ (Doctrine of Salvation, Bd. 1, Seite 4)
„Die Berichte der Heiligen Schrift über das Sprechen von Angesicht zu Angesicht und des Wandelns mit Gott sollten NICHT in dem Sinne interpretiert werden, dass der Erlöser vor diesen Propheten stand und seine gesamte Person offenbarte. Dass er es in späteren Perioden in den Fällen von Abraham und Moses getan haben mag, ist wahrscheinlich, aber er hatte es nicht in vorsintflutlichen Tagen in jener Fülle getan.“ (Ebenda, Seite 37)
Mormonenschreiber, die versuchen das Alte Testament zu benutzen, um zu beweisen, dass Gott einen Körper hat, sehen sich einem sehr ernsten Problem gegenüber, denn ihre eigene Theologie lehrt deutlich, dass Jehova (der Gott des Alten Testaments) Jesus Christus ist. Deshalb ist jedes Erscheinen von Gott im Alten Testament nur ein Erscheinen des vorirdischen Christus und beweist NICHT, dass Gott der Vater einen Körper hat. Joseph Fielding Smith, der 10. Präsident der Mormonenkirche, scheint dies zu erkennen und hat einige Bemerkungen gemacht, die im direkten Widerspruch zu denjenigen stehen, die von früheren Führern der Mormonenkirche gemacht wurden:
„...Jesus Christus war Jehova, der Israel in den Tagen Abrahams und Moses führte, und in der Tat von den Tagen Adams an. Auch dass Jehova, oder Jesus Christus, als eine Person des Geistes dem Bruder Jareds erschien...“ (Doctrines of Salvation, Bd. 1, S. 11)
„Jede Offenbarung seit dem Fall ist durch Jesus Christus gekommen, der der Jehova des Alten Testaments ist. In allen Heiligen Schriften, wo GOTT erwähnt wird und wo ER ERSCHIENEN IST, war es JEHOVA, der mit Abraham redete, mit Noah, Enoch, Moses und all den Propheten. Er ist der Gott Israels, der Heilige Israels, derjenige, der die Nation aus der ägyptischen Gefangenschaft herausführte und der das Gesetz Moses gab und erfüllte. Der Vater hat mit dem Menschen seit dem Fall NIE direkt und persönlich zu tun gehabt und er ist nie erschienen, außer um vom Sohn Zeugnis zu geben.'“ (Ebenda, Seite 27)
Obwohl die Mormonenführer beginnen, den Gebrauch des Alten Testaments zu beschneiden, um zu beweisen, dass Gott der Vater einen Körper hat, behaupten sie immer noch, dass diese Lehre wahr ist.
Da die Mormonenkirche lehrt, dass Gott nur ein erhöhter Mensch ist und dass es viele Götter gibt, hat es das Mormonenvolk zur Schlussfolgerung führt, dass Gott irgendwie begrenzt ist. Der Mormonenapostel Orson Hyde erklärte, dass Gott Engel und Diener benötigt, um ihm zu sagen, was vor sich geht: „...Er weiß alles. Wie? Wenn Seine Engel und Diener Ihm davon erzählen, WIE BEI JEDEM ANDEREN HERRSCHER.“ (Journal of Discourses, Bd. 2, Seite 64)
Obwohl die „Lektionen über den Glauben“ lehrten, dass Gott „ALLGEGENWÄRTIG“ ist, leugnete Brigham Young, der zweite Präsident der Mormonenkirche diese Lehre: „Manche möchten uns glauben lassen, dass Gott überall gegenwärtig ist. DIES IST NICHT SO.“ (Journal of Discourses, Bd. 6, Seite 345)
Die Vorstellung von einer Vielheit von Göttern und die Vorstellung, dass Gott begrenzt ist, führte Brigham Young zu dem Schluss, dass es viele Erlöser gibt: „Folglich HAT JEDE ERDE IHREN ERLÖSER und jede Erde hat ihren Versucher...“ (Journal of Discourses, Bd. 14, Seite 71) Young lehrte auch, dass die Mormonen selbst Erlöser sein werden; „Aber ich erwarte...dass ich die Zeit mit euch sehen werde, wann wir wissen werden, wie man sich vorbereitet, eine Erde wie diese zu organisieren – wissen, wie man jene Erde bevölkert, WIE MAN SIE ERLÖST, wie man sie heiligt und wie man sie mit denen verherrlicht, die darauf leben, die auf unseren Rat hören.“ (Ebenda, Bd. 6, 274-75)
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